„Meine späte Rache an den Faschisten“

Ich bin sehr stolz auf das Jugendzentrum Blieskastel, das immer wieder hochkarätige, auch politische Veranstaltungen durchführt. Es ist unsere gesellschaftliche Aufgabe, die Werte unserer Demokratie zu verteidigen und die Erinnerungskultur zu erhalten
Ich bin sehr stolz auf das Jugendzentrum Blieskastel, das immer wieder hochkarätige, auch politische Veranstaltungen durchführt. Es ist unsere gesellschaftliche Aufgabe, die Werte unserer Demokratie zu verteidigen und die Erinnerungskultur zu erhalten

94jährige Esther Bejarano liest und rappt mit Microphone Mafia im Blieskasteler P-Werk

 

Es war ein beeindruckender Abend im proppenvollen Blieskasteler Jugendzentrum, in das neben jungen Leuten auch viele ältere Semester den Weg gefunden hatten. Gebannt lauschten sie der Lesung einer der letzten Holocaust-​Überlebenden: Esther Bejarano. Diese freute sich, wieder im Saarland sein zu dürfen, ist sie 1924 doch in Saarlouis geboren. Sehr eindringlich schilderte sie ihre Erinnerungen aus dem KZ Auschwitz, in dem sie als junges Mädchen nur überlebte, weil sie im Mädchenorchester spielte und mit Glück als Halbjüdin später in das Arbeitslager Ravensbrück verlegt wurde. Man konnte mit ihr mitfühlen, als sie von der Befreiung durch die Amerikaner berichtete und sie beim Verbrennen eines Hitlerbildes auf einem eilends herbeigeholten Akkordeon spielte, während Russen, Deutsche und Amerikaner glücklich um das Feuer der Befreiung vom Krieg tanzten. 

Musik ist für Esther Bejarano die Sprache, die sie gegen die Nazis benutzt und gemeinsam mit der Microphone Mafia, in der ihr Sohn Joram Bass spielt und der in Deutschland geborenen Rapper Kurtlu Yourtseven in jiddisch, hebräisch, italienisch, türkisch singt, rappt und tanzt. Unglaublich, welche Energie in dieser zierlichen kleinen Frau steckt, wenn sie ein Brechtgedicht in der Hans Eisler Vertonung singt. Aber auch welcher Humor, wenn mit „Wann jeit d’r Himmel widder op“ das Fasnachtslied der Höhner zu einem Hoffnungslied für den Frieden wird, bei dem das Publikum begeistert mitsang. Sie wolle so lange singen, bis es keine Nazis mehr gäbe, sagt Esther Bejanaro. Es sei ihrer späte Rache an den Faschisten. 

„Es war ein sehr beeindruckender Abend, an dem gelacht, aber auch geweint wurde. Die Botschaft des Abends lautete: Nie wieder Krieg! Es war aber auch ein Appell an die Menschlichkeit, denn es ging nicht nur um Krieg und Vergangenheit, sondern Esther und ihre Band spannten den Bogen zu den aktuellen Geschehnissen. So ging es um Fluchtursachen, um die vielen Toten im Mittelmeer und um rechtes Gedankengut, das gerade wieder salonfähig zu werden scheint,“ fasst die grüne Bürgermeisterkandidatin Lisa Becker zusammen, die gemeinsam mit ihren Fraktionskollegen diese außergewöhnliche Veranstaltung besuchte.

„Ich bin sehr stolz auf das Jugendzentrum Blieskastel, das immer wieder hochkarätige, auch politische Veranstaltungen durchführt. Es ist unsere gesellschaftliche Aufgabe, die Werte unserer Demokratie zu verteidigen und die Erinnerungskultur zu erhalten,“ bekräftigt Lisa Becker abschließend.