Redebeitrag: Haushaltsrede 2012 (Brigitte Rinderle)

Sparen mit Konzept

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat, sehr geehrte Kollegin und Kollegen aus der Verwaltung, sehr geehrte Pressevertreter, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger!

Trotz Rekordeinnahmen – Rekordschulden

Schaut man sich die objektiven Zahlen auf der Einnahmeseite unserer Bilanz an, bekommt man leuchtende Augen: soviel Einkommensteuer wie noch nie, soviel Gewerbesteuer wie noch nie. Man könnte denken, die Welt sei in Ordnung. Es geht uns gut.

Scheinbar.  Doch wie sieht es wirklich aus?

Trotz dieser Rekordeinnahmen erreichen wir noch nicht einmal einen jahresbezogenen Ausgleich des Haushaltes. Vonseiten des Landes werden wir zwar nicht zu einen Haushaltssanierungsplan gezwungen, da wir bereits einiges gekürzt haben; jedoch ist es höchste Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, wie es in Zukunft weitergehen soll. Im Augenblick retten wir uns mühsam von Jahr zu Jahr auf der Suche nach Sparpotenzial, und sei es noch so klein. Dieses Vorgehen ist sehr zermürbend, da weder für uns Stadträte noch für unsere Bürger eine Lösung der Finanzmisere in Sicht ist.

Nachhaltiges Sparen am Beispiel Dolmusch

Wie Sie wissen, hängt unser grünes Herzblut am Ausbau des ÖPNV. Unter den gegebenen Umständen muss aber es legitim sein, auch beim Dolmusch Kürzungen vorzunehmen. Seit Jahren steht er im Fokus der Einsparbemühungen. Mit über 80.000 € Zuschuss pro Jahr ist er sehr kostenintensiv, auch weil er lediglich den Bereich Blieskastel-​Mitte und Lautzkirchen bedient. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass insbesondere Stadträte anderer Stadtteile darin ein Sparpotential sehen.

Eine Untersuchung brachte zutage, dass wir vonseiten der RSW seit Jahren einen zu geringen Anteil aus dem Erlös der Monats- und  Schülerkarten erhalten. Eine Fahrgastzählung lieferte die Grundlage für die jetzige Lösung. Im neuen Vertrag bleibt  90 % des Fahrplanangebotes bestehen. Lediglich die letzte Fahrt, sowie der Samstag werden gestrichen-, aber wir sparen nachhaltig 50% des Zuschussbedarfes.

Doch wie begleitet die SPD-​Opposition dieses Thema? Etwa konstruktiv und selbstkritisch? Gut, Selbstkritik, siehe auch Wasgaumarkt Niederwürzbach, ist nicht gerade Ihre Stärke, Herr Jesel.

Es stellt sich aber die Frage, ob Herr Jesel als zuständiger Mitarbeiter für den ÖPNV in der Kreisverwaltung, uns schon vor Jahren auf die ungerechte Verteilung dieser  Mittel hätte aufmerksam machen können? Ebenso hätten wir es verstanden, wenn Sie als Fachmann an unserer Verwaltung berechtigt Kritik geübt hätten, denn offensichtlich hätte man diese Mittelabrechnungen bereits früher hartnäckiger hinterfragen müssen.

Aber nein, es läuft wieder nach Schema J. Man versucht, ein paar argumentativ haltlose Nebelkerzen zu zünden, um die Betroffenen vor den eigenen Wahlkampfkarren zu spannen.

Solange für niemanden erkennbar ist, wie der städtische Haushalt dauerhaft saniert werden kann, wird jede Interessengruppe, jeder Ortsrat, jeder Verein seine Pfründe verständlicherweise zäh verteidigen. Ohne Licht am Ende des Tunnels laufen wir Gefahr, uns in kleinen Einsparschritten zu zermürben.

 

Rentierliche Investitionen in die Zukunft

Allerdings heißt Sparen nicht, wie ein Kaninchen vor Schlange zu erstarren und auf vermeintlich bessere Zeiten zu warten. Sparen kann auch bedeuten, mit rentierlichen und Investitionen die Weichen für die Zukunft zu stellen. Oberste Priorität haben unsere Bildungseinrichtungen. Aktuell sind es der Neubau der Kita St. Sebastian, die Einrichtung von Krippenplätzen in Lautzkirchen und der Umbau der Kita Bierbach. Der hohe Grad an Kostendeckung u.a. durch die Beiträge der Eltern sollte hier nicht unerwähnt bleiben.

Der Erwerb des Amtsgerichtes ist eine einmalige historische Chance. So ein städtebaulich wichtiges Bauwerk muss im Besitz der Stadt, d.h. im Besitz von uns Bürgerinnen und Bürger bleiben. Auch hier kann man jährliche  Mietausgaben von 50.000 € mit den Kosten des Kaufes verrechnen.

Sparen ja, wir gehen aber nur solche Investitionen an, die auf ihre Folgekosten abgeklopft werden, damit nicht, wie in Vorjahren die Folgekosten der Investitionen unser Defizit in die Höhe treiben.

Haushaltskonsolidierung mit Konzept – Blieskastel 2020

Alle politischen Kräfte tragen dafür Verantwortung, dass wir uns in diese Misere manövriert haben. Viel zu lange haben sich CDU, aber auch die SPD in der Ära Moschel mit FWG und Bündnisgrünen gescheut, die notwendigen Einsparungen durchzusetzen.

Es ist genau das eingetroffen, was der ehemalige Kämmerer voraus gesagt hat. Mit mittlerweile 45 Millionen Schulden und 1,5 Millionen Euro Zinsleistungen im Jahr stecken wir tief in der Misere. Wir bezahlen mittlerweile mehr Zinsen für unser aufgelaufenes jährliches Defizit, als wir in Investitionen in die Infrastruktur unserer Bürger stecken können.

Xaver Hemmerling hat uns deshalb damals eindringlich gewarnt, als SPD, Grüne und FWG die Mehrheit stellten. Mag sein, dass Dr. Moschel und die SPD damals recht hatten: schmerzhafte Einsparungen seien politisch nicht durchsetzbar. Einsparungen, die in ihren Auswirkungen damals viel wirkungsvoller gewesen wären und weniger wehgetan hätten, da das Defizit noch verhältnismäßig gering war. Es wurde befürchtet, die böse CDU-​Opposition würde das populistisch ausschlachten. Die Folge wäre Machtverlust.

Herr Jesel, ist das nicht genau das Spielchen, das Sie zur Zeit treiben?

Besser wäre es doch, wir würden uns darauf einigen, dass es auch für Sie Wichtigeres gibt, als Macht oder Machtverlust. Allererste Priorität hat das Allgemeinwohl unserer Stadt. Nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung können wir das Ruder herumreißen. Wir müssen doch nur die aktuellen Nachrichten verfolgen, um zu sehen, dass die Pleite eines Gemeinwesens keine theoretische Diskussion mehr ist.

Wir schlagen deshalb vor, dass sich alle Fraktionen zusammensetzen und gemeinsam mit der Kämmerei ein Konzept erstellen, nennen wir es Blieskastel 2020. Dessen Ziel muss es sein, einen jahresbezogen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, um die Zinsbelastung zu reduzieren. Das Sanierungskonzept muss mittel- und langfristige Einsparpotentiale aufzeigen, sowie Einnahmeerhöhungen aufzeigen.

Wir haben zurzeit (noch) günstige Rahmenbedingungen: die Konjunktur brummt mit hohen Ertragssteuern und noch immer extrem niedrigen Zinsen. Wenn wir es jetzt nicht schaffen, eine Haushaltssanierung auf den Weg zu bringen, wann dann?

Wir sollten gemeinsam das kommende Haushaltsjahr nutzen, entsprechende Vorschläge der Verwaltung zu beraten, um somit das gesamte Vorhaben im kommenden Kommunalwahlkampf 2014 mit den Bürgern kommunizieren zu können.

Denn wir halten es für unverzichtbar, dass die Bürger vor der Wahl wissen, was nach der Wahl auf sie zukommt. Das heißt, welche Fraktion sich dieser Aufgabe in welcher Form stellt.

Intelligente Lösungen, innovative Ansätze

Sparen ist ja per se kein negativer Begriff. Im Gegenteil. Im Schwäbischen ist Sparen sogar eine Tugend. Und unvoreingenommen sollten wir auch an die Sache herangehen. Alles muss auf den Tisch, und es muss nach Lösungen gesucht werden. Es reicht nicht, sich mit „Peanuts“ zufrieden zu geben.

Sparen ist für mich ein intelligenter, kreativer Prozess. In Unternehmen werden Mitarbeiter belohnt, wenn sie Verbesserungsvorschläge machen, die zu Einsparungen oder Mehreinnahmen in ihren Betrieben führen. Warum geht das nicht auch bei uns? Stichworte wie interkommunale Zusammenarbeit oder die Teilnahme an dem Projekt D 115 (einheitliche Behördenrufnummer) sind nur zwei von vielen Möglichkeiten innovativen Sparens. Nicht unerwähnt bleiben sollte das Thema der Landkreissstruktur, auch da liegen Vorschläge für sparsamere Lösungen in der Schublade.

 

Einnahmen steigern

Beim Sanierungskonzept darf die Erhöhung der Einnahmen kein Tabu sein, das heißt,  Steuererhöhungen sind nicht ausgeschlossen. Sie müssen vor der Kommunalwahl 2014 klar benannt und auf die nächste Wahlperiode begrenzt werden.

Herr Jesel,  Sie bezeichnen die moderate Absenkung  des Gewerbesteuer-​satzes von 2010 als groben Unfug. Es wäre eine grobe Untertreibung, wenn man Sie deshalb als Populisten bezeichnen würde.

Denn Fakt ist, wir hatten bis damals bundesweit den siebthöchsten Gewerbesteuersatz und haben ihn moderat in zwei Schritten von 425% auf 395% abgesenkt. Wir sind mit diesem Hebesatz nach wie vor im oberen Fünftel bundesweit. Unser Wirtschaftsstandort konnte aber durch diese Absenkung aufgewertet werden.

Deshalb sind heute die Gewerbesteuereinnahmen mit fast 7 Millionen Euro, und wir haben gerade gehört, dass wir noch einmal eine Schippe draufgelegt bekommen, auf einem absoluten historischen Rekordniveau. Herr Jesel, nicht der Hebesatz ist entscheidend, entscheidend ist, wie viel Geld letztendlich in unserem Stadtsäckel landet. Wir wollen hohe Gewerbesteuern bei niedrigen Hebesätzen!

Wer in dieser Lage einseitig auf Steuererhöhungen setzt, wie die SPD, verhält sich wie ein drogenabhängiger Junkie, der immer mehr Stoff braucht. Nur mit einer gleichzeitigen Therapie, einem Sparkonzept, das unsere laufenden Ausgaben den Einnahmen anpasst, wird dies gelingen. Nur wenn die Politik glaubhaft sich an die überfällige Sanierung macht,  kann sie mit einer Akzeptanz für Steuererhöhungen rechnen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses Ziel uns alle anspornen kann, uns ein wenig aus den ideologischen Schützengräben zu bemühen.

Unsere Probleme sind zwar groß, aber nicht unlösbar. Nachhaltiges Sparen heißt:  mehr Generationengerechtigkeit. Es stärkt die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger. Arbeiten wir alle gemeinsam an einem zukunftsfähigen Blieskastel!

Denn: Was wir heute tun, entscheidet, wie die Welt von Morgen aussieht.

Unser Dank gilt der Verwaltung, besonders Frau Brabänder.

Blieskastel, den 26.04.2012