Haushalt 2021/​2022 – Redebeitrag Lukas Paltz

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, 

zehn Monate, nachdem wir den letzten Haushalt verabschiedet haben, entscheiden wir heute über den Doppelhaushalt 2021 und 2022. Das ist erfreulich, und ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich im Namen unserer Stadtratsfraktion bei allen Beteiligten der Haushaltsaufstellung für ihre zeitintensive Arbeit mit vielen Sitzungen bedanken, allen voran bei Annerose Brabänder und Katharina Stephan! 

Einerseits ist es erfreulich, andererseits heißt es aber auch, dass wir nach der Genehmigung durch das Landesverwaltungsamt voraussichtlich erst im Mai/​Juni über die Haushaltsmittel verfügen können. Unser Ziel sollte es sein, künftige Haushalte so zu verabschieden, dass wir bereits Anfang des Jahres handlungsfähig sind. 
Leider begleitet uns das Thema Corona auch nach einem guten Jahr immer noch, mit allen unangenehmen Folgen, die damit einhergehen. Ich hoffe, dass wir Ende des Jahres gelernt haben, mit diesem Virus zu leben, bzw. eine Grundimmunisierung erreicht worden ist. Damit vor allem Familien, Alleinerziehende, Schulkinder, damit wir alle wieder eine gewisse Normalität erreichen können und nach einer Stadtratssitzung auch wieder einen „Absacker“ zusammen trinken können. 
Auch die heutige Stadtratssitzung findet, coronabedingt hier in Niederwürzbach statt, und ich möchte die Gelegenheit nutzen, um den Mitarbeiter:innen der Stadtverwaltung für die Organisation dieser besonderen Sitzung zu danken.

Nachhaltigkeit steht im Vordergrund grüner Finanzpolitik 

Für unsere Fraktion hat die Nachhaltigkeit im Sinne eines ökologischen, ökonomischen und sozialen Gleichgewichts in allen politischen Bereichen oberste Priorität. Das betrifft auch die Ausgestaltung unserer Haushalts- und Finanzpolitik.Insofern kann ich meine Worte aus der letzten Haushaltsrede nur wiederholen. Denn die Ziele unserer Fraktion für unsere Stadt haben sich seit der vergangenen Haushaltsdebatte nicht verändert und lassen sich wie folgt knapp definieren: 
Wir Bündnisgrüne haben als Leitbild eine möglichst finanzstarke und schuldenfreie Stadt, deren starke und umweltverträgliche Wirtschaft allen Bürger:innen den Wohlstand sichert. Wir möchten regionale Wertschöpfung fördern, indem wir u.a. die regional genutzte Energie vor Ort produzieren. Unsere Stadt soll für junge Familien attraktiv sein und sich gleichermaßen dem demographischen Wandel stellen. Wir verstehen die Biosphäre Bliesgau als Chance für ein gutes Leben im Einklang mit Natur, Kultur und Wirtschaft.

Finanzsituation der Stadt ist besorgniserregend 

Ich möchte mich bei meinen folgenden Ausführungen jedoch nicht – wie häufig üblich bei den Haushaltsdebatten – hauptsächlich mit den Investitionen auseinandersetzen. Die Diskussion über einzelne Investitionen, lenkt von der eigentlichen Problematik ab: 
Die Stadt Blieskastel steht finanziell mit dem Rücken zur Wand! Diese traurige Wahrheit darf aus unserer Sicht nicht länger verdrängt oder beschönigt werden. Die Politik hat die Pflicht, den Bürger:innen reinen Wein einzuschenken!
Leider beobachten wir hier im Gremium parteiübergreifend einen fortschreitenden finanzpolitischen Realitätsverlust: Seit Jahren wird sich vor unpopulären Entscheidungen gedrückt, Verantwortungen werden abgewälzt. Wer sich mit der Finanzsituation der Stadt einmal ernsthaft auseinandergesetzt hat, wird genau zu diesem Ergebnis kommen.
Aus Sicht von Bündnis 90 /​ Die Grünen ist es daher dringend notwendig, dass wir als gewählte Stadtratsmitglieder endlich nicht mehr die Augen vor dem Schuldenproblem verschließen und entsprechende Maßnahmen beschließen, die durchaus auch schmerzhaft werden können. 

Erhöhung der Grundsteuer B – unpopulär jedoch alternativlos 

Wir Grüne tragen die von der Verwaltung vorgeschlagene Erhöhung der Grundsteuer für 2022 noch einmal mit. Denn ohne diese Mehreinahmen können wir unsere städtische Infrastruktur nicht aufrechterhalten. Aber aus unserer Sicht steht auch fest, dass wir bei zukünftigen Haushaltsberatungen den schnellen Joker „Steuererhöhung“ nicht mehr so einfach ziehen können. 
Aufgrund der anhaltenden Pandemie und den damit einhergehenden Belastungen der Geschäftsleute und Unternehmen haben wir uns im Stadtrat daher darauf verständigt, die Gewerbesteuer in diesem Jahr nicht anzutasten. 
Nur mit der Erhöhung der Grundsteuer können wir unser Haushaltsdefizit ordnungsgemäß tilgen. Ansonsten würde das Landesverwaltungsamt unseren Haushalt einkassieren. Wir tragen sie nur schweren Herzens mit, weil sie für uns die sozialverträglichste Variante darstellt, denn wir möchten die Last möglichst gerecht auf alle verteilen.
Von einer Grundsteuererhöhung sind alle in Abhängigkeit von der Größe ihres Wohn- oder Gewerberaums betroffen. 

Sparkonzept dringend erforderlich 

Nur die Kommunen, die sich in den letzten Jahren und noch bis 2024 an die im Saarland verfassungsrechtlich verankerte kommunale Schuldenbremse hielten und halten, können teilentschuldet werden. Leider blieb man, was das konzeptionelle Sparen betrifft, in Blieskastel eher passiv. Mit Gebührenerhöhungen und kleineren Einsparungen – insbesondere im Personalbereich – wurde sich bisher von Haushalt zu Haushalt gehangelt. Und auch diese Haushalte haben wir mit erheblichen Bauchschmerzen mitgetragen.
Auf lange Sicht werden wir jedoch um einschneidende Sparmaßnahmen im Bereich der städtischen Infrastruktur nicht herumkommen. Dazu zählen die Schließungen von Hallen, die Zusammenlegungen von Friedhöfen oder Feuerwehrlöschbezirken. Mit einer gewissen Verwunderung vernehmen wir Grüne daher einige Ideen und Forderungen, die innerhalb der politischen Gremien oder von den Fraktionen geäußert werden. Wir sind davon überzeugt, und die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung des Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzept, kurz ISEK, haben gezeigt, dass die Bürger:innen sich der Finanzproblematik besser bewusst sind, als viele vermuten. 
Ich möchte in diesem Zusammenhang – genau wie bei meiner letzten Haushaltsrede – an das Gutachten von Professor Martin Junkernheinrich aus Kaiserlautern zu der Finanzsituation der saarländischen Kommunen erinnern. Man kann es nicht oft genug wiederholen: „Die Ausgaben der Städte und Gemeinden sind zu hoch, aber die Einnahmen sind verhältnismäßig zu klein.“

Eklatante Finanzierungslücke 


Aus der Vorlage können wir entnehmen, dass wir von rund 45 Millionen Euro, lediglich rund 38 Millionen Euro mit eigenen Mitteln abdecken. Die restlichen Gelder erhalten wir von Dritten, zum Beispiel durch Zuschüsse für bestimme Maßnahmen, die ansonsten nicht realisiert werden können.
Auf Landesebene hat man inzwischen erkannt, dass sich die Kommunen nicht aus eigener Kraft retten können. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Gleichheit der Lebensverhältnisse gerät immer mehr in einer Schieflage. 
Mit dem Saarlandpakt wird uns zwar knapp die Hälfte der Altschuldenlast in Höhe von 25 Millionen Euro genommen. Dennoch hat die Stadt Blieskastel auch nach dieser Entlastung immer noch über 25 Millionen Euro an Kassenkrediten zu tilgen. 
Diese Altenschuld belastet die Stadt Blieskastel nach wie vor sehr stark. Die Finanzproblematik der Kommunen ist also längst nicht gelöst, denn es entstehen keinerlei neue Spielräume für dringend benötigte Investitionen. Auf eine Lösung des Bundes warten wir bisher vergeblich.
Wir Grüne sind daher der Auffassung, dass wir als Stadt und Stadtrat die Lösung des Finanzproblems selbst in Angriff nehmen sollten, anstatt auf Hilfe von außerhalb zu warten. Ansonsten führt an einem Sanierungshaushalt auf lange Sicht kein Weg vorbei. Und dies kann schon gar nicht in unserem Interesse sein.

Hohe Kreisumlage – Schwerpunkt bei Bildung und Betreuung 

Dass Blieskastel wirtschaftlich stärker aufgestellt ist als seine Nachbarkommunen, wird durch die für uns sehr hohe Kreisumlage deutlich, welche die Einsparpläne der Stadt zusätzlich erschwert. 
Nicht betroffen von den Sparzwängen sind die geplanten Maßnahmen im Bereich der Kinderbetreuung. Den Neubau der Kindertageseinrichtung in Niederwürzbach möchte ich hier als größtes Projekt mit einem Investitionsvolumen von über 3 Millionen Euro nur am Rande erwähnen. Kollege Jesel ging darauf bereits ausführlich ein. Ebenso investieren wir in die Kindertageseinrichtungen in Ballweiler, Blickweiler und Webenheim.
Weitere wichtige Projekte im Bereich der Bildung sind die Gestaltung der Schulhöfe in Lautzkirchen und Aßweiler, sowie Investitionen in die Schulturnhalle in Blickweiler. Bildung und Betreuung genießen in diesem Haushaltsentwurf wieder Vorrang. Wir Bündnisgrüne unterstützen dies uneingeschränkt. Denn Investitionen in unsere Kinder, sind Investitionen in die Zukunft.

Weitere Investitionen in Klimaschutz notwendig 

Gleichzeitig sind wir aber auch der Auffassung, dass der Umwelt- und Klimaschutz, ebenso wie der Betreuungsbereich, von den Haushaltsanierungsmaßnahmen ausgenommen werden sollte. Ein funktionierendes städtisches Gebäudemanagement, für das wir uns seit Jahren stark machen, bietet zukünftig noch erhebliches Einsparpotenzial im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes. 
Denn wir haben uns mit der einstimmigen Unterzeichnung des Masterplanes 100% Klimaschutz verpflichtet, bis 2050 keine Treibhausgase mehr auszustoßen. 
Ein ambitioniertes, aber notwendiges Ziel, will man die Klimaerwärmung und alle mit ihr verbundenen Entwicklungen, wie Dürre und Artensterben, stoppen. 
Die Finanzierung unserer Stadtbusses Dolmusch oder des Radverkehrskonzepts erachten wir Grüne daher als unerlässlich. Gerade in Blieskastel-​Mitte wird sich die Verkehrs- und Parksituation stark verändern. Die Förderung alternativer Mobilitätskonzepte ist daher nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes notwendig.
Die großen Herausforderungen unserer Zeit, wie Klimawandel und Artensterben, sollten aber alle Fraktionen gemeinsam stemmen. Denn wir tun es für unsere Kinder. 

Digitalisierung vorantreiben – Strukturdebatte unerlässlich 

Die Corona-​Pandemie hat sich stark auf unsere Arbeitswelt ausgewirkt. Das betrifft auch die städtische Verwaltung, die nach unserer Auffassung auf einem guten Weg zu mehr Flexibilisierung und Familienfreundlichkeit ist. 
Hier sind in den vergangenen Monaten gute Anfänge gemacht worden, und wir hoffen, dass der Bürgermeister diese Bestrebungen in Zukunft weiter vorantreiben wird. Investitionen in die EDV-​Ausstattung halten wir Grüne als unerlässlich. In den nächsten beiden Jahren werden über 190.000 Euro in Soft- und Hardware investiert.

Ein weiteres Gebot der Stunde ist der sinnvolle Ausbau von interkommunalen Kooperationen. Hier sparen wir beim Forst sowie beim Standes- oder beim Ordnungsamt bereits erhebliche finanzielle und personelle Ressourcen. Wir unterstützen daher ausdrücklich die Bestrebungen einer engeren und erweiterten Zusammenarbeit mit unseren Nachbargemeinden. 
Jedoch erkennen wir bisher keine mittelfristige oder gar langfristige Sparkonzeption. Und auch hier kann ich meine Worte aus dem vergangenen Jahr nur wiederholen: Um unsere Strukturen auf Dauer zu unterhalten, sind wir gezwungen, diese zu straffen und unseren finanziellen Möglichkeiten anzupassen. Was wir uns hier wünschen, ist eine ehrliche Struktur- und Bedarfsanalyse. 
Wir Grüne hoffen, dass sich durch die Beratungen im Zusammenhang mit dem ISEK neue Erkenntnisse ergeben, um eine belastbare Grundlage für zukünftige infrastrukturelle Entscheidungen zu schaffen.

Wirtschaft und Tourismus stärken – Handel, Gastronomie und Gewerbe unterstützen 

Unsere Barockstadt und ihre malerischen Dörfer haben vieles zu bieten. Gerade in der Corona-​Pandemie wurden sich viele Menschen nochmal über die Schönheit unserer Heimat bewusst. Wir hoffen und sind zuversichtlich, dass sich unsere regionale Wirtschaft – insbesondere Handel und Gastronomie – von den Strapazen des vergangenen Jahres wieder erholen können. 
Vielleicht gelingt es uns mit der Finanzierung der viel diskutierten Fußgängerbrücken über den Niederwürzbacher Weiher oder über die Blies zwischen Breitfurt und Wolfersheim, den Tourismus in unserer Region noch mehr anzukurbeln. Die Finanzierung beider Projekte ist in diesem Haushaltsplan sichergestellt. Wir hoffen, dass mit den Sanierungsarbeiten zeitnah begonnen werden kann. 
Mit diesem Haushalt ist es uns trotz widriger Bedingungen gelungen, viele zukunftsweisende Projekte für unsere Stadt und ihre Bürger:innen zu finanzieren.

Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, ich möchte mich zum Abschluss noch einmal, im Namen unserer Stadtratsfraktion bei der Verwaltung für ihr Engagement in schwierigen Zeiten ganz herzlich bedanken.

Zusammenfassend möchte ich noch festhalten, dass wir der vorliegenden Haushaltssatzung zustimmen werden. 

Mit einem kleinen Zitat von Pierre Teilhard de Chardin, dem französischen Jesuiten und Naturwissenschaftler möchte ich schließen: „Die Zukunft gehört denen, die der nachfolgenden Generation Grund zur Hoffnung geben.“
In diesem Sinne: Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!